Wissenschaftler der Universitätskliniken Mainz und Münster haben herausgefunden, dass bioaktive Fette an neuronalen Kontaktstellen wirken und erregende Impulse im Gehirn verstärken. Infolgedessen kann es dort zu Übererregungszuständen kommen, die mit psychiatrischen Erkrankungen assoziiert werden. Darüber hinaus konnten die Wissenschaftler in ihrem vom Europäischen Forschungsrat (ERC) geförderten Projekt zeigen, dass sich die Produktion dieser Fette im Gehirn pharmakologisch hemmen lässt und so die neuronale Übererregung verschwindet. Das führt wiederum zur Rückbildung typischer Verhaltensmuster, die mit psychiatrischen Erkrankungen assoziiert sind. Der entdeckte Hemmmechanismus eröffnet neue therapeutische Möglichkeiten für psychiatrische Erkrankungen, soll aber auch bei neurologischen Erkrankungen wie dem Schlaganfall eine wichtige Rolle spielen. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Molecular Psychiatry veröffentlicht.
Bislang war die Rolle von bioaktiven Fettsäuren im Gehirn nicht bekannt. Auch war der Entstehungsort der Fettsäuren an den Kontaktstellen von Neuronen nicht erforscht. PD Dr. Johannes Vogt vom Institut für mikroskopische Anatomie und Neurobiologie der Universitätsmedizin Mainz und Univ.-Prof. Dr. Dr. Robert Nitsch, Professor für Translationale Neurowissenschaften an der Universität Münster, konnten nachweisen, dass spezielle Fettsäuren lokal an neuronalen Kontaktstellen im Gehirn aus Vorläuferstoffen produziert werden. Des Weiteren konnten die Wissenschaftler zeigen, dass diese Fettsäuren die Weiterleitung erregender Impulse entscheidend verstärken. „Dadurch kann es zu Übererregungszuständen im Gehirn kommen“, unterstreicht Dr. Vogt und ergänzt: „Es ist genau die Art von Übererregungszuständen, die für verschiedene psychiatrische Erkrankungen wie der Schizophrenie kennzeichnend ist.“
Den Wissenschaftlern gelang es, die Produktion dieser Fette im Gehirn pharmakologisch zu hemmen und so einen Rückgang der neuronalen Übererregung im Gehirn zu erzielen. „Diese Ergebnisse sind von entscheidender Bedeutung, um innovative therapeutische Ansätze zur Behandlung psychiatrischer Erkrankungen wie der Schizophrenie zu entwickeln. Darüber hinaus zeigen unsere Daten, dass sie einen therapeutischen Nutzen bei neurologischen Erkrankungen wie dem Schlaganfall haben, dem ebenso eine neuronale Übererregung zugrunde liegt“, so Dr. Vogt. Professor Nitsch ergänzt: „Da bisherige Therapien, die erregende Impulse beeinflussen sollten bisher zu keiner therapeutisch relevanten Medikamentenentwicklung geführt haben, sind unsere Daten als ein Durchbruch bei der Entwicklung spezifischer Therapien für diese Erkrankungen zu werten.“
Aufgrund der Ergebnisse dieses Forschungsprojekts haben Dr. Vogt und Professor Nitsch einen internationalen Patentantrag zur Behandlung von Gehirnerkrankungen, die auf einer gestörten Regulation bioaktiver Fette und der daraus folgenden erregenden Impulse reagieren, eingereicht. Des Weiteren fördert der ERC in diesem Zusammenhang ein weiteres Forschungsprojekt mit einem ERC Proof-of-Concept Grant, bei dem es um die Entwicklung eines entsprechenden Medikaments gehen soll.
Das Foto zeigt PD Dr. Johannes Vogt
Quelle: Foto Rimbach (Mainz)
Ansprechpartner Mainz
PD Dr. Johannes Vogt
Institut für mikroskopische Anatomie und Neurobiologie
Universitätsmedizin Mainz
Telefon 06131 17-8091
E-Mail: johannes.vogt@unimedizin-mainz.de
Ansprechpartner Münster:
Univ.-Prof. Dr. Dr. Robert Nitsch
Professor für Translationale Neurowissenschaften
Medizinische Fakultät der WWU Münster
Telefon 0251 83-52020
E-Mail: nitschr@uni-muenster.de
Pressekontakt
Oliver Kreft, Stabsstelle Unternehmenskommunikation Universitätsmedizin Mainz,
Telefon 06131 17-7424, Fax 06131 17-3496, E-Mail: pr@unimedizin-mainz.de
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.400 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de