Mit einem angeborenen Herzfehler auf die Welt gekommen zu sein, bedeutet heutzutage kein frühes Todesurteil mehr. Doch auch wenn die Betroffenen im Gegensatz zu früher zumeist das Erwachsenenalter erreichen, sind sie nicht geheilt, sondern bleiben chronisch krank. Daher bedürfen sie besonderer medizinischer Versorgungsstrukturen. Diese bietet das nun von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie e. V. (DGPK) und der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) als EMAH-Schwerpunktklinik zertifizierte Herzzentrum der Universitätsmedizin Mainz. Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern, sogenannte EMAH, erhalten dort eine interdisziplinäre Behandlung, die sowohl die Expertise von Kinder- als auch von Erwachsenenkardiologen sowie von Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgen, von Radiologen und von Anästhesisten umfasst. In Deutschland existieren derzeit nur 25 zertifizierte EMAH-Zentren und -Schwerpunkte für die zunehmend ansteigende Anzahl dieser Patienten.
Bundesweit weisen jährlich rund 6.000 Neugeborene einen angeborenen Herzfehler auf, also circa jeder 100. Säugling. Mitte des vergangenen Jahrhunderts wären diese Kinder sehr früh gestorben: Damals starben rund ein Viertel bei der Geburt oder nur Tage danach, 50 bis 60 Prozent im ersten Lebensjahr oder nur wenig später. Dank moderner Medizin ist die Überlebensrate der betroffenen Kinder heutzutage wesentlich höher: Über 90 Prozent erreichen trotz dieser Erkrankung das Erwachsenenalter. Laut Schätzungen der Fachgesellschaften leben 200.000 bis 280.000 Erwachsene mit angeborenem Herzfehler (EMAH) in Deutschland. Voraussichtlich wird es bald mehr erwachsene Menschen mit einem angeborenen Herzfehler geben als entsprechend betroffene Kinder und Jugendliche. Das stellt das Gesundheitssystem vor neue Herausforderungen, denn auch im Erwachsenenalter brauchen diese Patienten eine spezialisierte medizinische Betreuung.
Für die bestmögliche Qualität der Versorgung dieser hochvariablen und schwierig zu diagnostizierenden Erkrankungen sind über die gesamte Lebenszeit der Betroffenen eine hochspezialisierte Versorgung und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von pädiatrischen Kardiologen, Herzchirurgen und Kardiologen erforderlich. Kinder mit angeborenem Herzfehler leiden als Erwachsene beispielsweise unter Herzrhythmusstörungen, Herzmuskelschwäche, Herzmuskelentzündungen oder Krankheiten der Lunge. Im seit einem Jahr bestehenden Herzzentrum der Universitätsmedizin Mainz beraten sich Experten des Zentrums für Kardiologie, der Kinderkardiologie des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin und der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie mit Unterstützung von Radiologen über die individuell bestmögliche Behandlung eines EMAHs. Für Diagnostik und Therapie bedienen sie sich verschiedener Verfahren einer hochspezialisierten Bildgebung, beispielsweise der dreidimensionalen Bildgebung im Ultraschall (3D-Echokardiographie) oder auch der Computertomographie und der Magnetresonanztomographie. Für moderne minimalinvasive Eingriffe an Gefäßen, Herzklappen und -muskeln stehen ihnen mehrere OP-Säle inklusive zwei Hybrid-OPs für Interventionen mit modernster Fusionsdarstellung des Herzens zur Verfügung.
Zudem unterstützt das Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz die Patienten und auch die niedergelassenen Kollegen durch vielfältige Informations- und Fortbildungsveranstaltungen. Ziel ist es, das Bewusstsein für potentiell belastende und lebensbedrohliche Herzerkrankungen zu schärfen. Dies ist wichtig, denn es gibt auch Menschen mit angeborenem Herzfehler, bei denen die Erkrankung lange unbemerkt bleibt, da ihr Herz die Fehlfunktion ausgleichen kann oder die Symptome ihrer Erkrankung unspezifisch sind. Darüber hinaus bieten die Experten der zertifizierten EMAH-Schwerpunktklinik den betroffenen Patienten die Möglichkeit für eine gründliche Abklärung sowie den Zugang zu einer langfristig erfolgreichen Therapie.
„Das Krankheitsbild des angeborenen Herzfehlers weist vielfältige individuelle Verlaufs- und Behandlungsformen auf. Unsere EMAH-Spezialisten sind mit möglichen Problemkonstellationen dieser teils sehr komplexen Herzanomalien vertraut. Somit können sie einen wesentlichen Beitrag zur optimierten Behandlung von EMAH-Patienten leisten“, so Prof. Dr. Babette Simon, Vorstandsvorsitzende und Medizinischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz.
Der Leiter der pädiatrischen Kardiologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Univ.-Prof. Dr. Christoph Kampmann, freut sich über die verbesserte Qualität der Versorgungstruktur der Betroffenen in dem rund 2,5 Millionen Einwohner umfassenden Rhein-Main-Gebiet und seiner umliegenden Regionen: „Bislang war die Versorgungsdichte im Rhein-Main-Gebiet inklusive des südlichen Ruhrgebietes niedrig. Dass bedeutete für die Betroffenen weite Wegen zu spezialisierten Fachärzten und zu stationären Zentren. Die jetzige Zertifizierung der Universitätsmedizin Mainz als EMAH-Schwerpunktklinik schließt diese Lücke und ist eine Anerkennung für unsere hochspezialisierten Erfahrungen.“
Dr. Ralph Stephan von Bardeleben, Leiter des EMAH-Schwerpunkts und strukturelle Interventionen in der Erwachsenenkardiologie am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, betont, dass die Patienten von einer modernen Infrastruktur und einem auf den einzelnen Patienten optimierten Behandlungspfad profitieren können. „Interventionelle und operative Therapien können in der Mainzer EMAH-Schwerpunktklinik und ihren internen Kooperationspartnern durchgeführt und konservative Therapiepfade in der Universitätsmedizin Mainz eingeleitet werden. Die heimatnahe fachgerechte Begleitung erfolgt anschließend durch die niedergelassenen Kollegen.“
„Der Sinn der zertifizierten EMAH-Schwerpunktklinik ist eine Verknüpfung der Erfahrungen aller Abteilungen des Herzzentrums in einem gemeinsamen, interdisziplinären Behandlungsteam für Patienten mit angeborenem Herzfehler“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor des Zentrums für Kardiologie und einer der Wegbereiter in der strukturellen Umsetzung der EMAH-Schwerpunktklinik. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit erfolgt in regelmäßigen Heart Team-Konferenzen und gemeinsamen Eingriffen.
Auch die Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie der Universitätsmedizin Mainz unter der Leitung von Kliniksdirektor Univ.-Prof. Dr. Christian Vahl ist an der Versorgung von EMAH-Patienten beteiligt. Um zusätzlich zu den jährlich rund 30 bis 40 herzchirurgischen EMAH-Operationen auch Kinder mit angeborenem Herzfehler chirurgisch behandeln zu können, ist geplant, in der Universitätsmedizin Mainz eine entsprechend spezialisierte Abteilung für Kinderherzchirurgie einzurichten.
Patienten, niedergelassene ärztliche Kollegen und Krankenhäuser können sich telefonisch unter Telefon 06131 17-2995 und -2783 oder via E-Mail an EMAH@unimedizin-mainz.de mit der EMAH-Schwerpunktklinik in Verbindung setzen und einen ambulanten oder stationären Abklärungs- oder Behandlungstermin vereinbaren.
Kontakt:
Abteilung für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler und Marfan-Syndrom am Herzzentrum der Universitätsmedizin Mainz,
Leitung im Herzzentrum Mainz:
Prof. Dr. Christoph Kampmann (Kinderkardiologe – EMAH zertifiziert)
Dr. Ralph Stephan von Bardeleben (Erwachsenenkardiologe – EMAH zertifiziert)
Sprechstundenleitung des EMAH-Zentrums:
Dr. Kai-Helge Schmidt (Erwachsenenkardiologin)
Dr. Tariq Abu-Tair (Kinderkardiologe)
Telefon: 0613117-2995 und -2783,
E-Mail: EMAH@unimedizin-mainz.de
Pressekontakt
Barbara Reinke,
Unternehmenskommunikation Universitätsmedizin Mainz,
Telefon 06131 17-7428, Fax 06131 17-3496,
E-Mail: pr@unimedizin-mainz.de
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.300 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de