Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) fördern das 2015 an der Universitätsmedizin Mainz eingerichtete Verbundprojekt ISIBELa (Intrinsische Strahlensensitivität: Identifikation Biologischer und Epidemiologischer Langzeitfolgen) für weitere zwei Jahre mit 2,7 Millionen Euro. Ziel der Studie ist es, zu untersuchen, welche genetischen Faktoren bei der Entstehung von Folgetumoren nach Strahlentherapie eine Rolle spielen. Neben dem Institut für medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz ist das Deutsche Kinderkrebsregister, das Institut für Molekulargenetik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), die Fachgruppe Molekulare Epidemiologie des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS und die Arbeitsgruppe biologische Strahlenforschung der Technischen Universität Darmstadt an dem Verbundprojekt beteiligt.
Wie wichtig die Forschung im Bereich von Folgetumoren ist, zeigen die im Sommer im deutschen Ärzteblatt veröffentlichen Daten zur Häufigkeit von Folgeneoplasien nach Krebserkrankungen im Kindesalter. „Nach den jetzt vorliegenden Daten erkrankt nahezu jeder zehnte Überlebende einer Krebserkrankung im Kindesalter binnen 30 Jahren an einer weiteren Tumorerkrankung, Tendenz steigend“, erklärt Dr. Peter Scholz-Kreisel, Erstautor der Veröffentlichung und Projektkoordinator im IMBEI.
An diesem Punkt setzen die weiteren Projektteile von ISIBELa an: Warum erkranken manche ehemaligen Patienten erneut an einem Tumor, andere hingegen nicht? Welchen Einfluss daran haben die Strahlentherapie und die genetische Grundkonstitution der Patienten? Um diese Fragen zu beantworten, wurden in den letzten drei Jahren zwei große Kohorten im Rahmen des Verbundes aufgebaut.
„Dank der guten Zusammenarbeit der beteiligten Einrichtungen konnten unsere hochgesteckten Ziele in der Rekrutierung von Patienten nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen werden. Die ersten Auswertungen der 4000 Patienten zeigten vielversprechende Ergebnisse. Dies hat den Projektträger davon überzeugt, unsere Kombination aus medizinischer, biologischer, epidemiologischer und statistischer Strahlenforschung weiter zu fördern“ resümiert der neue Verbundleiter Univ.-Prof. Dr. Heinz Schmidberger, Direktor der Klinik und Poliklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie. Das im Oktober 2015 erstmals erfolgreich eingeworbene Projekt ist Teil des gemeinsamen Förderprogrammes „Grundlagenforschung Energie 2020+“ vom BMBF und vom BMUB, welches zur Förderung des Kompetenzerhalts im Bereich der Strahlenforschung in Deutschland etabliert wurde. Mit der jetzt eingeworbenen Aufstockung beträgt die Gesamtlaufzeit fünfeinhalb Jahre bei einer Gesamtförderung von rund 6,5 Millionen Euro. Zusammen mit dem Vorgängerprojekt "Intrinsische Strahlenempfindlichkeit: Identifikation, Mechanismen und Epidemiologie" (ISIMEP) ergeben sich mehr als zehn Jahre gemeinsame Arbeit an den Standorten Mainz, Darmstadt und Bremen im Bereich der Grundlagenforschung der medizinischen Strahlenexposition. „Dies zeigt die Bedeutung der Strahlenforschung an unseren Einrichtungen, und es ist sehr zu begrüßen, dass diese auch in Zukunft fortgesetzt wird!“, freut sich die ehemalige Direktorin des IMBEI und vorherige Verbundleiterin Univ.-Prof. Dr. Maria Blettner.
Im Rahmen von ISIBELa erfolgt die Rekrutierung der Patienten für die KiKme-Studie durch eine enge Kooperation zwischen der Fachgruppe Molekulare Epidemiologie des Bremer Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie– BIPS (Dr. Manuela Marron), dem Deutschen Kinderkrebsregister in Mainz und der Klinik und Poliklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie der Universitätsmedizin Mainz. Mehr als 400 Hautproben von Überlebenden einer Krebserkrankung im Kindesalter wurden gesammelt und für molekularbiologische Untersuchungen bereitgestellt. 100 Proben von freiwilligen Spendern welche am Zentrum für Unfallchirurgie und Orthopädie (ZUO) der Universitätsmedizin Mainz rekrutiert wurden und noch nie eine Krebserkrankung hatten, dienen als Kontrollgruppe. „Das Interesse der Betroffenen für die Studie war beeindruckend“, berichten Dr. Manuela Marron und Univ.-Prof. Dr. Heinz Schmidberger, die die Rekrutierung der Patienten an ihren Instituten koordinieren. Im Fachbereich Biologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz werden unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Thomas Hankeln in enger Zusammenarbeit mit der „Core-Unit Nucleic Acids Analysis (CUNA)“ nun aktuell die Genome aller Teilnehmer entschlüsselt sowie die Reaktion ihrer Hautzellen auf Bestrahlung durch Sequenzierung der RNA ermittelt. Die Verarbeitung der Daten erfolgt durch Dr. Alicia Poplawski in der Core-Facility Bioinformatik des IMBEI unter Nutzung des Hochleistungsclusters MOGON der JGU. Neben den genetischen Analysen untersucht die Arbeitsgruppe Strahlenbiologie von Univ.-Prof. Dr. Markus Löbrich an der TU Darmstadt an den Proben Mechanismen der Zellreparatur nach Strahlenschäden.
Zusätzlich werden aktuell die Strahlentherapiedaten von über 4000 ehemaligen Krebspatienten mit und ohne eine zweite Krebserkrankung rekonstruiert, um anschließend den Zusammenhang zwischen einer Bestrahlung und dem Risiko für eine Folgeneoplasie zu untersuchen.
Durch Analyse dieser umfassenden Daten gilt es, Überlebende mit einem hohen Risikoprofil für eine zweite Krebserkrankung zu identifizieren. Dieses Wissen lässt sich dann dazu heranziehen, durch optimale Screeningstrategien diese Tumoren frühzeitig zu erkennen und zu behandeln und so das Langzeitüberleben nach Krebs im Kindesalter weiter zu verbessern.
Kontakt:
Dr. Peter Scholz-Kreisel, MSc
Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI)
Universitätsmedizin Mainz
Tel. 06131 17-3121
E-Mail peter.scholz-kreisel@uni-mainz.de
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Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.400 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de